Nach einer abenteuerlichen Flucht aus der Ukraine landen auch internationale Studierende – Schwarze, Indigene und People of Color ohne ukrainische Staatsbürgerschaft – in Stuttgart. Hier werden sie wie Geflüchtete zweiter Klasse behandelt.
Sie sind immer noch traumatisiert vom Krieg, durch den jeder Aspekt ihres Lebens verloren gegangen oder entwurzelt worden ist. Ihre Träume wurden zerschlagen und die Perspektiven und Möglichkeiten, die sie in der Ukraine suchten, wurden zerstört.
Auf ihrem Weg von der Ukraine nach Deutschland mussten sie aufgrund von Diskriminierung und Racial Profiling abermals Gewalt erleben. In Deutschland angekommen, waren sie mit weiterer Diskriminierung auf struktureller Ebene konfrontiert, da die derzeitige Politik des Landes sie aktiv daran hindert, eine Perspektive für den Wiederaufbau ihres Lebens zu finden.
Nana Boahene und Yusuf Habila Zira berichten über die nervenaufreibende Odyssee aus der Perspektive der Betroffenen und ihrer Unterstützer:innen in Stuttgart. Aus dieser Perspektive und auf Grundlage ihrer Erfahrungen fordern sie: DIE GLEICHBEHANDLUNG VON ALLEN GEFLÜCHTETEN MENSCHEN, einschließlich derjenigen, die von der Mehrheitsgesellschaft als nicht-weiß angesehen werden.
Die Anlaufstelle „Pro Sinti & Roma“ möchte den Menschen einen Überblick über die vielfältigen Möglichkeiten, die unsere Gesellschaft anbietet, geben. Personen mit Startschwierigkeiten werden begleitet, bis sich ihr neuer Lebensmittelpunkt so stabilisiert hat, dass eine Unterstützung hinfällig wird. Alle notwendigen Kenntnisse sollen vermittelt werden. Dazu gehört beispielsweise die Aufklärung über die Funktionsweise von Behörden, wie auch Informationen über das allgemeine gesellschaftliche Leben hier.
Kemal Ahmed -Leiter der Anlaufstelle und Koordinator des Netzwerkes „Pro Sinti & Roma“- wird einen Kurzinput zu Rassismus gegen Sinti:zze und Rom:nja halten und an der nachfolgenden Podiumsdiskussion zu strukturellem Rassismus teilnehmen.
In Kürze werden wir auch die Moderation der Podiumsdiskussion ankündigen.
„Deine Kindheit nahm die Zeit, meine nahmen Gerichtsvollzieher“
In Armut und Perspektivlosigkeit aufzuwachsen, die Mutter zu verlieren, sich im Stich gelassen zu fühlen. Das macht einen jungen Mann wütend. Diese unbändige Wut kanalisiert Ilhan in seiner Lyrik. Als Poetry Slammer macht er sich in der Szene einen Namen als Teil des Kollektivs i,slam. Seine Leidenschaft galt aber der Rapmusik, der er seit mittlerweile zehn Jahren nachgeht, ohne je eine nennenswerte Veröffentlichung herausgebracht zu haben.
Die Musik wird seinen eigenen Qualitätsansprüchen nicht gerecht, was weniger an den eigenen Skills liegt als an den spartanischen Produktionsbedingungen. Geld lässt sich damit nicht verdienen. Trotz familiärer und finanzieller Probleme absolviert er sein Abitur und beginnt sogar ein Studium, das er nach einem Jahr abbricht. Nicht aus Mangel an Interesse oder Disziplin – das materialaufwendige Architekturstudium seiner ehrgeizigen und fleißigen Schwester ist teuer. Von Baba ist keine Unterstützung zu erwarten, also verdient Ilhan das Geld, um seiner Schwester ihr Studium zu ermöglichen. Das wenige Geld, das sich durch Tickereien und andere zwielichtige Aktivitäten verdienen lässt, kommt seiner Familie zugute oder verschwindet so schnell wieder wie es kam. Der Fluch des schmutzigen Geldes. Also räumt Ilhan zusätzlich Regale ein, will eigentlich nichts außer weg von dem kriminellen Scheiß.
„Wir vergiften eure Kinder mit dem Drogenpushen / Weil wir gerade gut genug sind, um die Klos zu putzen / Also frag mich nicht nach Rente, Dikka / Was für Geld zurücklegen? Ich muss jeden Tag drum kämpfen, Dikka“
50-Stunden-Wochen, an den Wochenenden Drogen pushen, ein bisschen mit Slams dazu verdienen – und Rap. „War ne Scheißzeit“ stellt er nüchtern fest. Sein Zorn und seine Frustration flossen weiterhin in die Texte. „Es hat mir das Gefühl gegeben, dass mir jemand zuhört. Nur dadurch kann ich mir Gehör verschaffen – das ist ungemein empowernd.“ – in einem System, das auf ihn scheißt, kämpft Ilhan darum, eine Stimme zu haben. Zu viele andere teilen sein Schicksal, haben aber nicht dieses Sprachrohr; müssen ihr Schicksal hinnehmen, am unteren Ende der Gesellschaft.
Doch Ilhan will diese unbequemen Themen adressieren. Er will sich keinem System unterordnen, das keinen Platz für ihn und seine Familie bereithält. Dass seine Mutter wegen ihres Kopftuchs auf Arbeit gemobbt und bei Behördengängen nicht ernstgenommen wurde, verstand er erst spät. „Von Rassismus und Diskriminierung betroffen zu sein, ist ein lähmendes Ohnmachtsgefühl. Ich wünsche es keinem. Ich musste mich schon sehr früh damit befassen, meine Mutter hat mir oft davon erzählt, dass wir hier nicht willkommen sind. Ich hab‘s nie verstanden, weil ich in Berlin geboren und aufgewachsen bin, aber ich habe das immer zu spüren bekommen.“
„Scheinbar wollen eure Beamten nicht, dass man’s stoppt: NSU, Halle, Hanau – Dikka enough is enough!“ 2020. Ilhan will gehört werden. Ilhan will nicht mehr hustlen. Ilhan will aufs Ganze gehen. Mit einem kleinen Vertriebsvorschuss in der Tasche kann er seine Musik endlich so umsetzen, wie er sie schon immer haben wollte. Hochwertig maßgeschneiderte Produktionen, an denen er selbst mitwirken kann, statt Rumpelsound aus dem Kleiderschrank – das soll seinen Hunger, seine Wut und all das, was er zu sagen und erzählen hat, angemessen untermalen. „Ich habe mein ganzes Leben lang auf diesen Punkt hingearbeitet.“ Jetzt geht es los. „Wenn es nicht funktioniert, dann werde ich nicht aufhören, bis es funktioniert.“
Nashi44 steht für “ASIAN BER LIN PUSSY POWER”. So nennt die talentierte MC aus Neukölln ihre Attitüde, die nicht nur für empowernden Rap steht, sondern sie auch zur Stimme vieler betroffener Personen macht. Die vietdeutsche Rapperin aus Berlin hat sich in den letzten Jahren bereits mit Rap-Videos auf Instagram einen Namen gemacht. Im Frühjahr 2021 folgte dann das Release ihrer ersten Single “Aus der Pussy”. Die allgemeingültige Antwort auf die Frage “Wo kommst du her?” ist eine scharfe Kombination aus Sensibilisierung für anti-asiatischen Rassismus und vibendem Clubbanger. Als wäre dieses beeindruckende Debüt nicht schon Ansage genug gewesen, liefert sie nur kurze Zeit mit „Butterfly“ und „Magic Clit“ zwei weitere Better. Auf modernen Beats und mit sexy provokanten Zeilen weiß Nashi zu überzeugen und beweist, dass es sich bei ihr um alles andere als ein One-Hit-Wonder handelt. Die Newcomerin weiß mit ihrer Attitüde und ihren Skills umzugehen, präsentiert sich selbstbewusst sowie sexy und macht klare Ansagen, die empowern. Die MC liebt es, auf der Bühne zu stehen und nutzt diese Plattform auch immer
wieder, um auf Missstände und Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen. Schon lange vor Release ihrer Debüt-EP spielt sie bereits einige Konzerte und stellt ihre Bühnenpräsenz unter Beweis. Auch die Medienlandschaft berichtet von Anfang an begeistert über die Rapperin, was im letzten Jahr nicht nur in einigen Live-Shows, sondern auch zahlreichen Interviews resultiert – unter anderem für die Deutsche Welle, das HipHop-Magazin MZEE
oder das SRF. Rap ist für Nashi auf mehreren Ebenen ein Ausdrucksmittel ihrer Emotionen sowie ab und zu auch ein Sprachrohr für diejenigen, die oftmals ungehört bleiben. Abgesehen davon möchte die junge Künstlerin Safe Spaces für ihre Community schaffen: So arbeitet Nashi bei ihren Produktionen – ob Songs oder Videos – hauptsächlich mit FLINTA*- oder BIPoc-Teams zusammen. Dies sorgt nicht nur für eine ganz eigene Dynamik
am Set oder im Studio, sondern macht die Message ihrer Tracks auch noch einmal authentischer. Durch HipHop hat die MC bereits sehr früh Kraft getankt – mit ihrem eigenen Output möchte sie nun Rückhalt und Stärke zurückgeben. Musik begleitet Nashi schon über viele Jahre, das Jazz- und Popgesang-Studium in Leipzig bricht sie jedoch ab, um sich voll und ganz auf Rap zu konzentrieren. Dass sie mit dieser Entscheidung keineswegs zu hoch gepokert hat, beweist sie mit ihren bisherigen Single-Auskopplungen ganz eindeutig. Auf ihrer anstehenden EP „Asia Box“ frontet sie, neben Punchlines über kulturelle Aneignung, auch misogyne Männer und verbindet so zwei für sie fundamental wichtige Themen. Mit ausdrucksstarken Zeilen sowie pointiertem Humor und jeder Menge Attitüde basht sie das Fetischisieren südostasiatischer Stereotypen und zeigt eindrucksvoll, wie schwere Themen auf tanzbaren Sounds funktionieren können. Nashi44s Debüt-EP „Asia Box“ erscheint am 25. März 2022 independent und enthält neben den bereits releasten Tracks noch drei bisher unveröffentlichte Songs.
Und sie brannte auch damals schon, Mitte der Nullerjahre, als ein junger Mann in den Rap-Cyphern von Berlin auftauchte, in düsteren Kellerbars, in stickigen Jugendclubs. Sich das Mic nahm und sich mit belegter, dunkler Stimme den Rost von Seele rappte, seine mentalen Abgründe mit Szenekritik verband. Von Rassismuserfahrungen erzählte und davon, ein Schwarzer junger Mann in einem weißen Deutschland zu sein. All das mit einem hyperpräzisen Stakkato-Flow, in einem betörenden Soundgewand aus klassischem Rap, Grime und TripHop. Ein Name geisterte durch die Szene: Amewu.
Die Welt brannte auch in den Jahren, in denen Amewu sich auf unzähligen Bühnen einen Ruf als begnadeter Live-MC erspielte, zwei Alben veröffentlichte und von Fans und Kritik gefeiert wurde. Aber der blühende Rost auf seiner Seele, das Hadern mit dem Kaufen und Verkauftwerden in der Musikindustrie, all das sorgte dafür, dass Amewu neue Prioritäten fand. Auf „Leidkultur“ (2012) folgte lange kein weiteres Album. Die Bühne jedoch hat er nie verlassen: Amewu spielte seitdem nicht nur unablässig Konzerte, sondern zuletzt sogar Theater an der Berliner Schaubühne, wo er die Neuinszenierung von „Rückkehr nach Reims“ mitschrieb – und auch sich selbst auf den Leib schrieb. Amewu kehrte der Musik also nie den Rücken, blickte aber doch eine Weile aus dem Halbschatten auf die aggressive Selbstvermarktung, auf die Knochenmühle aus Gewinnmaximierung und Depression. Auf Ungleichheit und Ungerechtigkeit. Bis er es nicht mehr ertrug, sich Mic, Stift und Papier nahm und ein neues Album schrieb.
Denn die Welt brennt.
Auf „Haben oder Sein“, seinem dritten Album, widmet sich Amewu dem Wettlauf nach Mehr und den Folgen auf Gesellschaft und HipHop-Szene, auf Herz und Seele und auf sich selbst. Bereits auf dem Opener „Amewuga“ spürt Amewu seinen eigenen Sachzwängen nach: „Liebst du Geld/Bist du ein Mensch?“, fragt er mehrdeutig, verwebt die Bedeutung seines ghanaischen Namens mit den Verheerungen des Kolonialismus und der Notwendigkeit, Brot auf den Tisch zu bringen. Auf dem Titeltrack „Haben oder Sein“ analysiert Amewu das Ausbeutungsverhältnis, das sich quer durch die Gesellschaft zieht, und erteilt den vermeintlichen Verlockungen eine Absage: „Sie bewahren sich den Schein/Sie bezahlen mit dem Schein/Fragen: Willst du für den Schein für mich arbeiten?/Nein!“ Er reist an einen unheimlichen „Plastikstrand“, über den tote Möwen kreisen, schaut auf ein steriles Meer und wünscht sich, seinen Brüdern und Schwestern einen Lichtstrahl zwischen den giftigen Wolken.
Musikalisch mäandert „Haben oder Sein“ zwischen zeitgenössischem Rap-Sound und UK-Bass- Prägung, zwischen Trap und Grime, dazwischen immer wieder subtile organische Versatzstücke als Boom-Bap-Fundament. Beats von u.a. Ghanaian Stallion, Megaloh und Clockwerk sowie Amewus Eigenproduktionen unterstreichen seine detailreich konstruierten Reimkaskaden und verleihen dem Album eine tiefdunkle Eleganz. Die moderne Herangehensweise an Sound und Attitüde sorgt dafür, dass „Haben oder Sein“ – mit allem Tiefgang und aller Dringlichkeit – fest in der Gegenwart steht.
Und so ist „Haben oder Sein“ die dringend benötigte Gegenrede zum Materialismus und Wachstumszwang. Es macht Mut, zeigt Widerspenstigkeit und Solidarität, sucht nach Verbündeten. All das werden wir brauchen.
Denn die Welt brennt.
Der Workshop richtet sich nur an Menschen mit Rassismuserfahrung. Bitte nimm nur teil, wenn du dich als BIPoC, PoC , oder afrodiasporisch identifizierst und / oder dich in einer besonders marginalisierten Community, wie Indigenous, Asiat*innen, Muslim*innen verortest.
Nur mit Voranmeldung unter: festivalgegenrassismus_stgtt@riseup.net
Wer einem Menschen mit Respekt begegnet, macht zwei Menschen glücklich. Vorstellung des Projekts „Respektlotsen“ der Landeshauptstadt Stuttgart mit Erfahrungsberichte der Stuttgarter Respektlotsen und praktischen Übungen zur respektvollen Kommunikation.
Übungsleiter: Netice Kolb (GES) und Kevin Gurka (LHS Stuttgart)
Informationen zum Stuttgarter Respektlotsenprojekt unter:
https://www.stuttgart.de/respektlotsen
Respektvolle Ansprache als Schlüssel
Achtlos weggeworfene Zigarettenkippen und Plastikbecher, laute Telefonate in der U-Bahn – immer wieder stören uns Situationen, die wir gerne ansprechen möchten. Aber: Wir sind verärgert und das lassen wir unser Gegenüber bei der Ansprache auch wissen. Das Resultat unserer Kommunikation ist meist weniger erfreulich als gedacht. Das Geheimnis erfolgreicher Kommunikation liegt in der inneren Haltung. Wer einem Menschen mit Respekt begegnet, macht zwei Menschen glücklich und erreicht beim Gegenüber ein Nachdenken.
Seit August 2020 sind in Stuttgart sogenannte Respektlotsen im Einsatz, die genau das tun: Sie reden respektvoll und auf Augenhöhe mit Stuttgarter Jugendlichen – in Parks, in Freibädern und auf der Straße.
Im Workshop berichten die Respektlots*innen von ihrer Arbeit und ihren Erfahrungen im Projekt „Respektlotsen“ der Landeshauptstadt Stuttgart. Im praktischen Teil sind die Teilnehmenden dann selbst gefordert, anhand ausgewählter Situationen aus der Praxis respektvolle Kommunikation zu üben und über ihre Erfahrungen zu berichten. Übungsleiter sind Netice Kolb vom Gemeinschaftserlebnis Sport und Kevin Gurka von der Abteilung Integrationspolitik der Landeshauptstadt Stuttgart.
Das Projekt „Respektlotsen“ ist eine Kooperation der Stabsstelle Kommunale Kriminalprävention und der Abteilung Integrationspolitik der Landeshauptstadt Stuttgart.
Projektpartner sind das Gemeinschaftserlebnis Sport (GES), die Bäderbetriebe Stuttgart, die Stuttgarter Jugendhausgesellschaft und der Förderverein Sicheres und Sauberes Stuttgart.
Informationen zum Stuttgarter Respektlotsenprojekt unter:
https://www.stuttgart.de/respektlotsen
In einem 45-minütigen Vortrag wird Serge Palasie auf Details der Thematik eingehen, die in der Ausstellung selbst keinen Platz gefunden haben und tiefer einsteigen. Es ist nicht notwenig, die Ausstellung vorher gesehen zu haben. Der Vortrag finden am Ausstellungsort statt – davor und danach kann die Ausstellung besichtigt werden.
Die Art wie wir in dem Globalen Norden bzw. Industrieländern wird von der Folgen des Kolonialismus geprägt. Seit der Eroberung Amerikas werden die Länder des Globalen Südens in der Rolle der Rohstofflieferanten festgehalten. Damit die Industrieländern ihren Lebensstandard weiter behalten können. Das Konsummuster im Globalen Norden ist oft verschwenderisch. Das ist auch eine weitere Folge des Kolonialismus. Bis heute leiden viele Länder des Globalen Südens unter den Folgen des europäischen Kolonialismus: Dumpingpreise, prekäre Arbeitsverhältnisse (Knapp 80 Prozent der arbeitenden Bevölkerung in den Ländern des Globalen Südens befinden sich in prekären Beschäftigungsverhältnissen), Armut usw.
Ein Angebot des Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg e.V.